Ein Römergrab und seine Rätsel

Veröffentlicht auf von asmodeus

Seit langer Zeit ist der Ort Rennes-les-Bains nicht nur wegen seiner Thermen ein Begriff gewesen, sondern auch wegen seines staunenswerten Fundreichtums. Kaum ein Autor, der über den Thermalbadeort schreibt, vergisst diesen Umstand zu erwähnen. So z.B. Adolphe Joanne, in seiner „Géographie de l’Aude“, aus dem Jahr 1893. „Die Überreste alter Konstruktionen, die Urnen, die in der Nähe der Thermen gefundenen Medaillen, bezeugen, dass sie schon von den Römern besucht worden sind.“ An anderer Stelle bemerkt er, dass vor allen Dingen Münzen massenhaft aufgesammelt worden sind. Darüber berichtete schon der Abbé Delmas, dem wir die ersten aufschlussreichen und zuverlässigen Berichte verdanken. Dem sogenannten Delmas-Manuskript (1709) – einem Forschungsbericht des Curé – ist zu entnehmen, dass zumindest in der Zeit, in der Abbé Delmas Curé in Rennes-les-Bains gewesen ist, von den die Einwohnern des Ortes römische Bronze- und Kupfermünzen einfach an Altmetallhändler verkauft wurden, bis Delmas seine Schäfchen dazu aufforderte, ihre Funde doch lieber bei ihm gegen einen besseren Preis abzuliefern.  Sein Appell richtete sich jedoch nicht ausschliesslich an die Finder von Münzen. Denn die einfachen Leute in Rennes-les-Bains stolperten gewissermassen bei Schritt und Tritt über Hinterlassenschaften aus der römischen Antike und dem Mittelalter. Gewöhnliche Funde betrachteten sie als alltägliche Angelegenheit. Scherben oder zerbrochene Keramiken  und andere, „alte“ Sachen mögen sie ganz einfach als Müll angesehen und entsprechend behandelt haben. Sicherlich sind so im Lauf der Zeit unzählige Stücke unwiederbringlich verloren gegangen. So manches hat sich aber, trotz der seit den 60er Jahren ausufernden Raubgräberei, sogar bis in die heutige Zeit erhalten.

RlC Altertümer 2Noch 1983 war die Quelleinfassung von „Le Cercle“ geschmückt mit zwei römischen Kapitellen, aus der Zeit, zwischen dem 1. Jh. v.u.Z. und dem 2. Jh. u.Z. und einer Urne. Diese kostbaren Stücke wurden von den Archäologen Rancoule und Toulze, zusammen mit einer enormen Menge antiker Töpferwaren, im Gesamtgewicht von 72 kg, geborgen. Einige der schönsten Stücke sind seit dem, zusammen mit anderen Fundstücken, in dem kleinen Museum des „syndicat d’initiative, in Rennes-les-Bains ausgestellt. Im Bereich der Quelle kamen bei dieser Notgrabung ausserdem zahlreiche römische Münzen vom Beginn unserer Zeitrechnung, antikes Glas, römische Dachziegel, Nägel und Beschläge zutage. Das Glas scheint nach Auffassung der beiden Archäologen in einer Glashütte, bei der Salsquelle hergestellt worden zu sein. Die Keramik dagegen gleicht den Produkten aus den Töpfereien von Grafenseque, in der Nähe von Millau, mit deren charakteristischen Nachahmungen von Arezzo-Keramik. Einige der schönsten Fundstücke kamen an das kleine Museum des „syndicat d’initiative“ in Rennes-les-Bains.

In diesem Museum befindet sich noch ein anderes Fundstück, welches in der Saunière-Saga eine gewisse Rolle spielt. Die Rede soll jetzt von jenem ominösen Kopf sein, der zuweilen als „tête de homme“ bezeichnet, einmal den Merowingerkönig Dagobert II, ein anderes mal Jesus darstellen soll. Es kursieren die phantastischsten Interpretationen. Richtig ist, dass kein anderer als Abbé Boudet, im Dezember 1884, den steinernen Kopf, mit einer Spitzhacke von dem Sockel herunterschlug, auf dem er seit keltischer Epoche an seinem angestammten Platz, etwas östlich von Rennes-les-Bains, thronte. Der Platz war den Einheimischen früher mehr unter seinem occitanischen Namen „Pla de las Brugos“ bekannt (le pla de las sorcières auf französisch, was Platz der Hexen, oder Hexenplatz bedeutet. Wir würden wahrscheinlich Hexentanzplatz dazu sagen).[1] An der Stelle befindet sich ein uraltes Quellheiligtum, an dem die keltische Göttin Daemona verehrt wurde. Und demzufolge stellt der Kopf niemand anderen dar, als die alte keltische Göttin. Boudet brachte seine Trophäe an der Aussenmauer seines Pfarrhauses an, den „Fund“-ort taufte er kurzerhand um, in „Le Cap de l’Homme“, und den Kopf auf den Namen „la tête du Sauveur“ (Kopf des Erlösers) – was nicht gerade für die profunden Geschichtskenntnisse spricht, die man dem Mann gerne nachsagt. Die Skulptur aus Sandstein misst 30 cm in der Länge, 23 cm in der Breite und wurde von einem Sockel abgetrennt, der 90 cm hoch gewesen ist.

Kopf am Pfarrhaus artikelBoudet versuchte sich später in seinem Buch für den Vorgang zu rechtfertigen: „Es ist bedauerlich, dass man im Dezember des Jahres 1884 diese schöne Statue von ihrem angestammten Platz entfernen musste, um sie vor den Verwüstungen durch die Spitzhacke eines törichten jungen Mannes zu bewahren, welcher bei Weitem die Bedeutung und den Wert dieser Statue nicht erkannte.“[1] Wir gehen davon aus, dass mit dem törichten jungen Mann kein anderer gemeint gewesen ist, als Boudets Amtsbruder, der Curé von Rennes-le-Château, Béranger Saunière. Gar so innige Freundschaftsbande, wie heute gemeinhin angenommen, scheinen die zwei Curés demzufolge nicht verbunden zu haben. Eher sieht es so aus, als wären sie Konkurrenten gewesen, bei ihrer Jagd nach Antiquitäten.

Daemonas Kopf blickte bis zum Jahr 1992 von der Mauer des Pfarrhauses, über den Friedhof hinweg, zur Sals, jenem harmlos erscheinenden, kleinen Flüsschen, das am 26. September dieses Jahres zum alles verschlingenden Ungeheuer anschwoll und mit einer 7 m hohen Flutwelle durch den kleinen Ort in dem engen Tal raste. Sollte das etwa Daemonas späte Rache gewesen sein?

Im Zuge der Aufräumungsarbeiten nach der Flut gelangte der Kopf ebenfalls in das kleine Ortsmuseum und war seitdem – bis vor kurzem –  quasi verschwunden.

Montazels (5) artikel

Eine ähnliche, besser erhaltene Statue ziert den imposanten Brunnen, auf dem Dorfplatz von Montazels – direkt vor Abbé Saunières Elternhaus.

Nur 5 Jahre, bevor Daemonas Kopf den Weg in das Museum antrat, ereigneten unglaubliche Dinge in Rennes-les-Bains. Im April 1987 schuf die Gemeindeverwaltung Raum für neue Parkplätze am Ortseingang. Kein leichtes Unterfangen; denn der Felssockel, der genau vis à vis vom Thermalbad, in die Rechtskurve hineinragt, musste zu dem Zweck zurückgebaut werden. Im Scheitelpunkt der Kurve stand bis dahin, vor der Felswand, ein Eisenkreuz auf einem Steinsockel, dass an den schon mehrfach genannten Abbé Delmas erinnert (Delmas-Kreuz). Das Kreuz steht auch heute noch auf seinem Sockel vor der Felswand – nur, alles zusammen etwa 5 m weiter nach hinten versetzt. Bis dahin ist das Alles natürlich kein Bisschen unglaublich. Doch wer sich die Felswand hinter dem Kreuz einmal genauer betrachtet, dem wird auffallen, dass sich eine halbrunde Partie des Felsens von dem umgebenden Gestein unterscheidet. Kein Wunder, denn diese halbrunde Partie besteht aus Beton und der verschliesst das Portal eines Tunnels, welches beim Rückbau des Felsens freigelegt worden war. Warum das? Am Ortsrand existieren noch andere solche Öffnungen, die ganz selbstverständlich, wie eh und je, offen bleiben.

Was ist hier vertuscht worden?

Die Arbeiter benachrichtigten umgehend das Bürgermeisteramt in Rennes-les-Bains von ihrer Entdeckung. Doch niemand dachte daran, die DRAC[1] zu informieren. Man spannte ein paar Streifen rotweisses Absperrband vor die Öffnung im Fels und setzte die Baurbeiten einfach fort. Ohne auch nur einen neugierigen Blick in die offene Grotte zu werfen? Das wäre in der Tat kaum zu glauben. Mehr als 20 Jahre lang hat sich eine Mauer des Schweigens um das Innere der Grotte gehalten. Das heist, geredet wurde viel über die Angelegenheit – nur nicht von den Leuten, die Genaueres wissen. Der damalige Bürgermeister weigert sich nach wie vor, Fragen zu beantworten und die gesamte Gemeindeverwaltung hüllt sich mit ihm in Schweigen. Dafür äussern sich gelegentlich Einheimische, die damals mehr oder weniger zufällig Zeugen der Geschehnisse wurden. Ein Mann aus Luc sur Aude erinnert sich an die weiteren Ereignisse, in der Nacht, nach der Entdeckung: „...es war Nacht, die Strasse vor der Thermal-Station war abgesperrt von Männern in Armeeuniform. Ein Kleinlastwagen war mit der Rückseite gegen die Felswand gefahren und ein anderes Auto stand davor. Männer überwachten die Arbeiten in dem Loch. Sie verluden irgendwelche Sachen auf den Lastwagen und das schien eine harte Nachtschicht für sie zu sein.“

Es gab noch weitere Zeugen für die Nacht- und Nebelaktion. Ein Einwohner von Rennes-les-Bains beobachtete die bizarre Szene von einer Ecke aus, hinter der er sich verbarg und die „Operation Commando“, wie er den Vorgang nennt, bis zum Ende beobachtete. Er will die abfahrenden Autos anschliessend noch bis nach Couiza verfolgt haben. Dann kehrte er an den Ort des Geschehens zurück, um noch in derselben Nacht, nur mit einer Taschenlampe in der Hand, die Grotte zu besichtigen. Er erinnert sich: „Es ist ein Gewölbe von etwa 1,80 m in der Höhe, ungefähr 2,20 m Breite und 5 m Tiefe...“

Es wäre nun wenigstens zu erwarten gewesen, dass nach der nächtlichen Aktion eine Untersuchung des Vorfalls eingesetzt hätte. Nichts dergleichen. Statt dessen liess die Mairie den Eingang schnellstens  mit einer gewaltigen Barriere aus Beton verschliessen.  Verständlich, dass die Gerüchteküche bis heute weiter brodelt. Von einem reichen, bedeutenden Schatz wird da zumeist hinter vorgehaltener Hand gemunkelt, der in jener Nacht an einen brocanteur in Bordeaux gegangen sein soll. „Warum aber ausgerechnet nach Bordeaux?“ – fragen  Jaques Riviere und Claude Boumendil völlig zu Recht, in ihrem Buch „Histoire de Rennes-les-Bains“. Doch wer weiss – vielleicht fällt schon bald doch noch Licht in die Angelegenheit. Denn kürzlich ist die Affäre in der überregionalen Presse wieder aufgegriffen worden. L’Independant berichtete kürzlich in einem ausführlichen Artikel über Spuren, die bis in allerhöchste Kreise, in Paris, hinein führen sollen. So soll der damals hochkarätigste  Pariser Antiquitätenhändler, Vater eines Ministers, in die Sache verwickelt gewesen sein.

Römergrab RlB Legende 2

Wie auch immer, in der Grotte, die mit allergrösster Wahrscheinlichkeit ein tombeau – eine Grabkammer –  gewesen ist, müssen sich jedenfalls  Gegenstände befunden haben, die den ganzen Aufwand jener nächtlichen Grabräuberei Wert gewesen sind. Von einem solchen tombeau berichtete übrigens bereits Abbé Delmas, in seinen Erinnerungen, im Jahr 1709. Für den Curé gab es keinen Zweifel daran, dass sich irgendwo bei „Les Escadados“ das Grab einer ausserordentlich bedeutsamen Persönlichkeit aus der gallorömischen Zeit befindet. Er nannte es das „Grab des unbekannten grossen Römers“ –  vermutlich ein General. Mit diesem Feldherrn, bzw. mit seinem Grab scheint es jedoch eine besondere Bewandtnis zu haben. Es hat den Anschein, als rechnete Delmas mit der Entdeckung occulter Geheimnisse. Befürchtete aber andererseits, dass  die betreffende Grabstätte bereits vor langer Zeit schon ausgeplündert worden sein könnte. Seine Aufzeichnungen lassen diesbezüglich lediglich gewisse Schlüsse zu. Oberhalb des Grabes, an der Felskuppe, befindet sich ein aus Naturstein erbautes Plateau, welches, Delmas zufolge, als Sockel für eine Siegessäule oder ein ähnlichen Zeichen oder Denkmal gedient haben soll. Dieses Wahrzeichen wäre also für den grossen Römer über seinem Grab errichtet worden. Bei meinen eigenen Recherchen in dem Terrain, konnte ich mich davon überzeugen, dass der  Curé  die nächstliegende, die wahrscheinlichste Erklärung für das eigenartige Bauwerk gefunden hat. Schwer  vorstellbar, dass dieses Fundament etwas anderes als ein Podest sein soll.

Dem Abbé Delmas müssen jedoch, ausser den mündlichen, Überlieferungen noch andere Quellen zugänglich gewesen sein. Wie soll man es sich sonst erklären, dass er offenbar über verblüffend genaue Kenntnis von einem Römergrab verfügte, welches erst ungefähr 270 Jahre nachdem er es beschrieben hatte, entdeckt worden ist? – „zufällig“ exakt unmittelbar hinter dem Kreuz, dass man, lange vor der eigentlichen Entdeckung, zu seinem Gedenken aufstellte.

Möglicherweise liegt hier aber eine Verwechselung vor, und Delmas Angaben beziehen sich auf ein anderes Römergrab, welches der Curé um 1709 bei Escadados gefunden und sicherlich auch ausgeräumt hat. Das erscheint mir naheliegend, denn das tombeau hinter dem Kreuz ist ja, wie gesagt, erst 1987 entdeckt worden und ein weiteres römisches Höhlengrab ist kurz darauf, oberhalb am Hang, von einem Schatzsucher ausgeräumt worden. Über den Inhalt dieses Grabes ist leider weiter nichts bekannt, als das er aus einem umfangreichen Münzschatz aus römischer Zeit und um anderen, wertvollen Gegenständen bestanden haben soll. Der Schatz war in einer kleinen Grotte verborgen, in die man durch einen kurzen Stollen gelangt.

Ich gehe davon aus, dass bei Les Escadados  noch zahlreiche weitere römische Gräber auf ihre Entdeckung warten.

Das Terrain hat seinen Namen von den vielen kleinen Treppen und Treppchen, die überall an dem ausserordentlich steilen Abhang anzutreffen sind, der im Ortseingangsbereich sogar in eine völlig senkrechte Steilwand übergeht, auf der ganz oben lediglich ein etwa vier bis fünf Meter breiter Sims „nutzbare“ Fläche aufweist. Gerade hier, auf diesem schmalen Streifen finden sich auffallend viele Treppen und jenes steinerne Podest. Doch wohin führten diese Treppenstufen, was sollte man auf ihnen erreichen können? Weder in der gallorömischen Epoche, noch während des 19. Jh. werden die gewöhnlichen Kurgäste des Thermalbades sich bemüssigt gefühlt haben, bei ziemlich anstrengenden Kletterpartien auf kleinen Treppen über einer Steilwand ihr Leben auf’s Spiel zu setzen. Wer aber dann – und warum?

Ist es weiter nichts als reiner Zufall, wenn am Ortsrand von Espezel (bei Belcaire), ein Flurstück wegen der vielen merkwürdigen Treppchen „Escatados“ genannt wird und wenn inmitten dieser Treppen ein gewundener Gang in ein niediges Gewölbe führt?

Es spricht noch so manches mehr für meine Annahme, dass „Les Escadados“ wahrscheinlich den nördlichen Abschnitt eines grossen römischen Friedhofskomplexes darstellt, der hier in Verlauf jenes Zeitraums entstanden sein muss, der sich anhand von entsprechenden Münzfunden eingrenzen lässt. Die ältesten bisher gefundenen Münzen datieren aus der Ära des zweiten Triumphirat von Marcus-Antonius und Octavian und belegen somit die Anwesenheit von Römern, in den damals „Aquae Calidae“ genannten Thermen schon seit 59 v.u.Z. Die jüngsten römischen Münzen aus Rennes-les-Bains sind Prägungen aus der Regierungszeit Konstantin des Grossen, bis hin zu Stücken von Flavius Julius (von etwa 305 u.Z. bis in die Mitte des 5. Jh.). Die Thermen sind demzufolge über den langen Zeitraum von rund 500 Jahren ein beliebter, wichtiger und privilegierter Platz für die Römer gewesen. Und zwar nicht etwa nur für „irgendwelche“ Römer... Dafür steht eben jenes Grab des „unbekannten grossen Römers“, bei dem es sich, so viel man weis, um eine Persönlichkeit gehandelt haben soll, die dem grossen Pompejus nahe stand. Denn darauf scheint  eine Inschrift auf einer Steinplatte hinzuweisen, die schon Guillaume Catel im Jahr 1633 erwähnte.[1] Der Stein befand sich ebenfalls im Museum von Rennes-les-Bains.

Die Inschrift lautet: C. POMPEIUS QUARTUS D.A.M. SVO

Allerdings ist die Inschrift auf dem Stein zum Teil so stark verwittert, dass sie nicht mehr ganz eindeutig entzifferbar ist. Insbesondere das „D“ von „D.A.M“ muss nicht unbedingt als D gelesen werden. Und so erklärt es sich, dass die Inschrift im Laufe der Zeit, von verschiedenen Forschern, unterschiedlich interpretiert werden konnte.

Ø      Von Alessandri und Rancoule als: “Cneius Pompeius Quartus Libens Animo Marto Suo” – indem sie statt “D” ein “L” lasen

Ø      Albert Rieux veröffentlichte seine sechsseitige Studie in einem Bulletin der SESA und vertrat dort die Ansicht, dass anstelle des „L“ besser ein „D“ angenommen werden sollte – für: „...DEIS AVERNIS MANIBUS“. Nach vergleichenden Studien an zahlreichen anderen alten römischen Inschriften in Gallien, bezog er sich dabei auf die Arbeit des Benediktiners Dom Bernard de Mont.

Ø      Louis Fédié konnte sich, ausser einem „D“ und einem „L“ auch noch ein „P“ als sinnvolle Ergänzung denken – also „P.A.M“ und dass der Stein ursprünglich an einer Mauer, in der Nachbarschaft der „Source de la Reine“ angebracht  war, wo er auf  die Existenz jenes Mausoleums im Gelände von Escadados hinwies, von dem schon Delmas gesprochen hatte.[2]

Ø      Abbé Delmas selbst schien sich ebenfalls schon im Klaren darüber zu sein, dass der unleserliche Buchstabe Raum für unterschiedliche Interpretationen liess,  die Inschrift an sich, so oder so, jedoch mit grosser Wahrscheinlichkeit eine Grabinschrift wäre. Pompejus hätte auf einer Spanienexpedition die Gegend besucht – naheliegenderweise Aquae Calidae, die Thermen von Rennes – und hier wäre einer seiner engeren Freunde oder ein hochrangiger Offizier gestorben. Für diesen Freund hätte Pompejus ein Mausoleum und über dem Grab eine Säule errichtet. An dieser Säule (oder an ihrem Sockel) wäre ursprünglich die Platte mit der Inschrift angebracht gewesen.

Ø      Dr. Courrent schloss sich der Auffassung des Curé weitgehend an.[3]

Es ist natürlich naheliegend, dass dieses tombeau ganz sicherlich nicht einzeln und isoliert an seinem Ort angelegt worden ist. Les Escadados ist ein römischer Friedhof und die vielen Treppen führten zu Grabstellen, an denen wahrscheinlich oft nur Urnen standen. Das Terrain von Escadados erstreckt sich von seinem nördlichen Rand, der die Kurve am heutigen Thermalbad bildet, oberhalb der steilen Felswand, nach Süden, ungefähr bis zu jener Gemarkung, die den Namen „Fangallots“ trägt. Von diesem Gelände weis man sicher, dass es einen antiken Friedhof birgt. Warum ist dann das Grab des unbekannten grossen Römers nicht auf dem Friedhof bei Fangallots angelegt worden? Oder auf Le Picou, einem anderen als Friedhof bekannten Platz am Ortsrand? Doch sicherlich, weil man den repräsentativsten Platz für das Grab auswählte. Das ist der Platz, direkt an der Source de la Reine – an der Quelle der Königin. Zugleich ein Indiz für die Existenz mehrerer Begräbnisplätze bei Rennes-les-Bains. Ich würde mich nicht wundern, wenn bei Escadados, rings um dieses bedeutende Grab, noch weitere Gräber gefunden werden. Ein Anfang ist ja schon gemacht, wenn man z.B. jene „Grotte“, welche den Münzschatz enthielt, als das betrachten würde, was sie einmal war – ein tombeau.

RlB Plan röm Siedlung 2Wir wissen, dass die Römer ihre Friedhöfe niemals innerhalb ihrer Städte und Siedlungen anlegten. Römische Friedhöfe finden sich immer ausserhalb der Ortschaften, entlang der Strassen. So auch in Rennes-les-Bains. In dem engen Tal, in dem der Ort liegt, ist die Auswahl in Frage kommender Areale

sehr eingeschränkt. Man muss heute wirklich nicht erst lange suchen, um auf die alten Begräbnisplätze zu stossen, auf denen sich Gräber in grosser Anzahl drängen. Und so ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass sich auf der anderen Seite von Rennes-les-Bains weitere Begräbnisplätze in südlicher Richtung auf den Hängen an der Strasse entlang erstrecken – bis hin zu jenem Berghang, der heute noch, ganz bestimmt nicht von ungefähr, unter dem Namen „l’Homme Mort“ bekannt ist. Die gesamte Bergflanke, von Rennes-les-Bains bis hinauf, nach „l’Homme Mort“, ist übersät mit uralten Grabstätten, von denen viele einst zweifellos prächtig, heute immer noch imposant erscheinen. Wenn auch die meisten Gräber schon vor langer Zeit geplündert und zerstört worden, andere einfach verfielen und/oder von schier undurchdringlichem Gestrüpp überwuchert sind, blieben einige von ihnen doch so gut erhalten, dass sie immer noch Bewunderung wachrufen. Ich bin im Verlauf der vergangenen Jahre immer und immer wieder, vorzugsweise bei l’Homme Mort, im Gelände unterwegs gewesen und habe dort bestimmte Plätze unzählige Male untersucht, so gut mir das eben möglich ist. So manche der alten Felsengräber sind noch immer weitgehend unversehrt, weil ausserordentlich sicher verschlossen.

 

Andere, alte Felsengräber, gähnen den auf der Strasse vorbeifahrenden Touristen regelrecht an (und werden trotzdem noch selten genug wahrgenommen). Die zwei, die ich meine, sind sehr bekannt und gelten für gewöhnlich als „alte Minen“. Aber, sollten das tatsächlich Minen gewesen sein?

Eben so gut hätte man das Grab des unbekannten grossen Römers, am Fusse von Les Escadados, kurzerhand als alte Mine abtun können. Dort konnte und wollte man es jedoch nicht, weil das Grab bis zu seiner Entdeckung 1987 unberührt  und unberaubt geblieben war. Das ist der ganze Unterschied zwischen den beiden offenen, längst ausgeräumten Gräbern, im Süden von Rennes-les-Bains und ihrem pendant bei Escadados. Ansonsten gleichen sie sich sehr.

 

Nur ein kleines Stück weiter flussabwärts, dicht über dem gegenüberliegenden Flussufer der Blanque, führt ein ähnlich aussehender Stollen – übrigens sehr viel tiefer – den Steilhang des Serbairou, bis in eine Kammer. Dieser Gang könnte an und für sich viel eher als alte Mine angesehen werden. Doch der geflutete Stollen ist leergepumpt und untersucht worden – ihn hält man für ein tombeau. Zu Recht, denke ich.

Mit freundlicher Genehmigung des Autors

asmodeus

 



[1] Zitat : « On voit encore dans l’église dû dit lieu, les Bains de Rennes, une ancienne inscription romaine, qui a été tirée des anciens bâtiments, qui étaient autour de la dite fontaine… » G. Catel, „Mémoires sur l’Histoire du Languedoc“, erschienen 1633

[2] Zitat: „Pompeius Quartus, est le pêre du grand Pompé, qui était le 5éme du nom, comme il paraît appelé par son fils Pompéius Sextus (6éme), on explique l’inscription de cette manière : CNEIUS POMPEIUS QUARTUS JULIO AMICO MAXIMO SUO. Le grand Pompé allant aux Espagnes, passant par ce pays, un de ses grands amis ou de ses grands officiers, étant mort, il fit dressé un mausolée ou colonne sur son sépulcre et c’est une des pierres de cette colonne… »

[3] Zitat : „...L’interprétation donnée par le curé Delmas de cette inscription sépulcrale, semble indiquer que c’est Pompeius Cneius Quartus, le pêre du grand Pompé, donc Pompeius Strabo, qui fut ériger ce monument funéraire lors de son passage… » Dr. P. Courrent



[1] Französische Denkmalschutzbehörde

[2] Ich folge hier im Wesentlichen der Darstellung dieser Ereignisse, wie sie Rivière/Boumendil, in ihrer „Histoire de Rennes-les-Bains“ , Belisane, 2006 veröffentlichten – aber auch meine eigenen Recherchen ergaben dieses Bild



[1] H. Boudet, „La Vraie Langue Celtique et Le Cromleck de Rennes-les-Bains“, S. 234 (in der soeben erschienen, erstklassigen Übersetzung von Kerstin Kämpf, erschienen im Ancient Mail Verlag, 2009,
ISBN 978-3-935910-64-4)



[1] Boudet gebrauchte den Namen in seiner eigentlichen Bedeutung, als „Heidekraut-Plateau“, von „brugo“, was aus der Languedoc (der alten occitanischen Sprache) stammt, für Heidekraut

Veröffentlicht in aurum tolosanum

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